Best life

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich oft Anregungen für einen neuen Blogbeitrag aus Kommunikation mit anderen Personen, Freunden, Bekannte, Familie etc. beziehe, so auch diesmal, denn ich habe mir einmal Gedanken darüber gemacht, welche „Qualität“ mein Leben früher in Deutschland hatte und welches es jetzt hat oder anders ausgedrückt: Geht es mir jetzt eigentlich besser als in einem Land, von dem andere immer noch denken, alles würde perfekt funktionieren, die Menschen wären korrekt und überpünktlich und jeder in Deutschland würde mit einem Grinsen aufwachen? Tatsächlich hat sich mein Leben, seitdem ich in Australien lebe, um mehrere 100 Prozent verbessert und das liegt an diversen Faktoren. Zuerst einmal – ich war mein gesamtes Berufsleben getrieben von Terminen, mein Outlook-Kalender war eigentlich immer voll. Jour Fixe, Konferenzen, Kunden-Termine, Abgabe-Termine, Verabredungen, Sport und und und, es gab eigentlich, mal abgesehen von der Urlaubszeit, keinen Tag ohne irgendwelche terminlichen Verpflichtungen. Das ist alles vorbei, ich bin hier im Busch frei von allem. Es gibt exakt drei „Termine“, an denen ich mich grob orientieren muss und selbst die kann ich größtenteils selbst bestimmen.

 
Jeden zweiten Sonntag muss ich zum Tipp, was so viel bedeutet, wie: Ich muss meinen Müll zur Sammelstelle bringen, denn in meiner Straße gibt es keine Müllabfuhr. Ich schmeiße also all zwei Wochen meinen Müll ins Auto, fahren runter nach Gellibrand, bezahlt 5 Dollar und das war’s. Der Müllmann ist dort zwischen 12 Uhr und 15 Uhr vor Ort, ich kann’s mir also einrichten. Einmal die Woche fahre ich zum Einkaufen nach Colac, aber da bin ich absolut frei, ob ich das am Freitag, am Samstag oder wann auch immer mache, ich kaufe ein, wenn ich etwas brauche. Einen fixen Termin am Tag habe ich, ich muss morgens 5 bis 8 km mit Chandu laufen, der Große muss raus. Das aber war es dann auch schon, alles andere kann ich machen oder nicht machen, wie ich gerade Lust habe. Jemand, der das liest, kann sich ja mal überlegen, wie viele feste Termine er pro Tag/Woche hat, an denen er kaum etwas ändern kann und die fix sind, all das habe ich nicht mehr und das ist ein unglaublicher Luxus. Heute morgen habe ich mir beim Spazierengehen überlegt, mit welcher bekannten Persönlichkeit ich eigentlich gern tauschen würde und ob man es glaubt oder nicht, mir ist niemand eingefallen. Möchte ich wie die Herren Zuckerberg, Bezos oder Musk mehrere Hundert Milliarden Dollar auf dem Konto haben? Nein, was soll ich damit? Mit so viel Geld geht auch viel Verantwortung einher, viele Mitarbeiter/Angestellte, von der notwendigen Security mal ganz abgesehen, denn wer viel hat, hat auch viele, die ihm das wegnehmen wollen. Ich möchte weder berühmt noch bekannt oder reich sein, weil all das mein Leben, welches ich gerade so führe, wie ich es führen möchte, ändern und verschlechtern würde.

 
Zur Freiheit, wie ich sie mir geschaffen habe, gehört natürlich auch die Freiheit zur Kommunikation und auch hier bin ich allein Herr meines Geschickes. Ist mir nach Menschen, ist mir nach humaner Interaktion oder nach einem Gespräch, gehe ich zu meinen Nachbarn Helen und Jeff, fahre zu Max oder Bob oder setze mich in Colac in einen Pub. Habe ich dieses Bedürfnis nicht, was deutlich häufiger passiert, schließe ich mein Gate hinter mir und wenn ich gerade einkaufen war, müsste ich theoretisch mein Grundstück eine Woche lang nicht verlassen, wer kann das von sich behaupten? Fehlt mir eigentlich irgendwas aus meinem früheren Leben? Hier kann ich mit voller Überzeugung sagen: Außer meinen Eltern, die noch in Hamburg leben, absolut nichts. Und auch hier ist durch den Einsatz von Skype oder Facetime ständiger Kontakt vorhanden, tatsächlich sehen und hören mich meine Eltern öfter als meinen Bruder, der 10 km von ihnen entfernt lebt. Wenn ich mit Bekannten und Freunden aus der alten Heimat rede oder schreibe, denke ich oft: Ein Glück, dass du das hinter dir hast. Mein Leben hier ist soviel besser als mein Leben in Deutschland und auch das war nicht wirklich schlecht.

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