Am 01. Februar sind es exakt drei Jahre, die ich dann hier im australischen Busch leben werde, time is flying. In diesen drei Jahren habe ich so einiges erlebt, auf die meisten Dinge war ich allerdings vorbereitet, immerhin war ich vor meiner Umsiedlung insgesamt 5 mal in Down under und ich hatte mehr als 9 Jahre Zeit, mich schlau zu machen. Wenn man dann allerdings unmittelbar konfrontiert ist, lernt man schnell, dass Bücher und Youtube-Videos etwas anderes sind als die Realität und es gilt, dies zu bewältigen. Was habe ich schon alles erlebt? Ich habe mein erstes Erdbeben (Stärke 5,0) „genossen“, als morgens um 2.11 Uhr das Haus gewackelt hat und es sich anhörte, als würde ein ICE durch den Garten fahren. Ich habe ein kleines Wallaby-Mädchen gerettet und Klein-Tillie wird demnächst ihre ersten Hüpfer machen können. Ich habe einen Sturm erlebt, der 8 Tage angedauert hat und der mehr Bäume entwurzelt hat als im Volksdorfer Wald stehen, inkl. 30 Stunden Stromausfall. Ich habe inzwischen ungefähr 20 Schlangen gesehen, entweder Copperheads oder Tigersnakes, beide scheu, aber tödlich. Ich habe mehrere Weihnachten bei über 30 Grad verbracht und vorgestern bin ich nun zum ersten Mal evakuiert worden bzw. habe mich selbst evakuiert.
Wenn man in Australien lebt, besonders natürlich, wenn man im Busch lebt, hat man eine bestimmte App auf dem Handy, hier bei uns im Süden heißt sie „Vic Emergency“. Über diese App wird man zeitnah über alles Außergewöhnliche informiert, umgestürzte Bäume, Unfälle und natürlich auch über die in Australien gewohnten Buschfeuer in den warmen Monaten. Ich hatte bisher einige Meldungen über Buschfeuer auf Vic Emergency gesehen, aber ich war nie unmittelbar betroffen und die meisten Feuer hatten sich sich nach wenigen Stunden erledigt, die australischen Firies sind absolute Profis, was das betrifft. Nun, diesmal war es anders, denn ca. 5 km von mir entfernt war ein Feuer ausgebrochen, es wurde gemeldet, dass 4 Löschfahrzeuge am Einsatzort waren und der Brand wurde als „small“ deklariert. Alles klar, dachte ich und habe nicht mehr nachgeguckt, u.a. weil auch hier bei mir weder Rauch zu sehen oder zu riechen war. Plötzlich klingt mein Handy und meine Nachbarin Hellen war dran. Ich sollte sofort meine Sachen packen, wir sind zum Evakuieren aufgerufen worden. Ich guckte also nochmal auf den App und aus den 4 Fahrzeugen waren 28 geworden, das Feuer wurde als „noch nicht unter Kontrolle“ bezeichnet und sollte sich aufgrund immer stärker werdenden Windes in meine Richtung bewegen. Also gut. Computer, Dokumente, Brieftasche, einige Klamotten und natürlich den Hund ins Auto und ab nach Gellibrand, das ist ca. 5 km von mir entfernt. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man sein Haus verläßt und nicht weiß, ob es noch da ist, wenn man zurückkehrt.
In Gellibrand habe ich dann Hellen getroffen, als mein Freund Max anrief. Max wohnt mit seiner Frau Mandy ca. einen Kilometer von mir entfernt an der gleichen Straße wie ich. Ob ich schon weg wäre, ob bei mir alles ok sei usw. Ich fragte ihn nach Bob, der in Richtung des Feuer wohnt, aber der war gar nicht zuhause. Mein Nachbarn Brian hatte sich entschlossen zu bleiben und Gordon und Shelley waren nach Apollo Bay gefahren. Auch diese Erfahrung war neu, denn hier kümmert man sich umeinander, obwohl man viel weiter von einander entfernt wohnt. Zwei Stunden später haben Hellen und ich uns dann entschlossen, zurückzukehren, dass Feuer sollte auch Dank des Einsatzes von Lösch-Hubschraubern wieder unter Kontrolle sein. Zeitgleich ist unten an der Great Ocean Road zwischen Lavers Hill und Yuulong ein Feuer ausgebrochen, dieser Brand erstreckt sich über ca. 800 Hektar und es sind teilweise mehr als 80 Feuerwehrwagen, Hubschrauber und Löschflugzeuge im Einsatz gewesen, dieses Feuer ist heute noch nicht gelöscht und morgen sollen wir wieder über 30 Grad bekommen. Am Tag nach dem Feuer traf ich Max und Mandy auf der Straße, wir unterhielten uns über die Situation und Max meinte: „Jetzt kennst du Australien“.
Stimmt. Und ich würde es um kein Geld der Welt eintauschen wollen