Olympia Down under

Dies ist mal ein Punkt, an dem die Zeitverschiebung nervt, denn um etwas von den Olympischen Spielen (nicht Olympia!) mitzubekommen, muss man entweder lange aufbleiben oder sehr früh aufstehen, beides ist im victorianischen Winter, wo ich an den letzten beiden Tagen Eis auf der Frontscheibe meines Wagens hatte, durchaus eine Herausforderung. Aber glücklicherweise gibt es ja das Internet, man kann also auch via Live-Ticker die Ergebnisse ablesen, wenn natürlich auch das Live-Bild eine deutlich schönere Sache wäre. Anyway, die australischen Sender zeigen eh nur Disziplinen und Sportarten, in denen australische Athleten mitmischen, so sind z.B. in der ersten Woche der Spiele die Schwimmwettbewerbe, bei denen die Aussies eine Medaille nach der anderen abgreifen, besonders im Fokus und die Leute hier feiern ihre Helden mit wilder Begeisterung. Dies ist übrigens einer der ganz großen Unterschiede zu Deutschland, die Australier lieben den Sport, sie empfinden ihn nicht als Druck oder Ähnliches, sie haben einfach nur Spaß, was auch ihre Lockerheit während der Wettbewerbe erklärt. Während die Deutschen oft einen extrem verbissenen Eindruck machen und oft am selbstauferlegten Druck scheitern, genießen die Aussies die Wettbewerbe.


Für mich natürlich eine außerordentlch komfortable Situation, ich habe nun zwei Länder, für die ich die Daumen drücken kann, denn inzwischen bin ich selbst so sehr Australier, dass ich mich über eine gold-grüne Medaille genauso freue wie über eine schwarz-rot-goldene. Natürlich fragen sich viele Deutsche, wie es sein kann, dass ein Land mit gerade mal 24 Mio. Einwohnern so viel besser im Medaillenspiegel stehen kann als Deutschland mit 85 Mio., aber das liegt u.a. daran, dass die Australier ihre Spitzensportler extrem unterstützen und fördern. So sind beispielsweise die Schwimmer um Ari Titmus oder Molly O’Callaghan im Grunde Profis, sie können gut vom Schwimmen leben und sich nahzu ausschließlich um ihren Sport kümmern, während die deutschen Athleten im internationalen Vergleich immer noch die Amateure darstellen, die sie laut den olympischen Statuten eigentlich mal sein sollten. Ein deutscher Sieg beispielsweise beim Schwimmen ist eigentlich doppelt zu bewerten,eben weil die Voraussetzungen so viel schlechter sind, von Chinas Kadersport muss man gar nicht erst anfangen. Ist das nun gerecht? Sicher nicht und sicher ganz besonders nicht gegenüber den Athleten, aber wenn es in Deutschland nicht irgendwann ein Umdenken gibt, wird das Land nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sportlich von der Landkarte verschwinden.

 
Mal zum Vergleich, ein deutscher Olympiasieger erhält eine Prämie in Höhe von EUR 20.000, ein Italiener EUR 178.540, ein Franzose EUR 79.352, aber das sind nur die Gelder für die Gewinner, viel entscheidender ist die ständige Förderung. Aber, wie gesagt, mein Eindruck ist, dass in Deutschland an sehr vielen Stellen sowohl Spaß wie auch Lust an der Leistung verloren gegangen ist, warum sollte man auch engagieren und sein Leben auf den Sport abstellen, wenn es sich nicht mal ansatzweise lohnt. Von der typisch deutschen Selbstzerstörungswut mal ganz abgesehen…

 

Was übrigens auffällt, wenn man die Interviews nach den Wettbewerben anschaut: Bei den Australiern ist oftmals die gesamte Familie mit nach Europa gereist und unterstützt ihre Tochter, Sohn, Enkel, Bruder oder Schwester. Sie lieben Sport, die Deutschen nicht

 

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