EM in Australien

Bekanntlich findet in Deutschland zur Zeit die Fußball-Europameisterschaft statt und wenn ich von Leuten aus meinem Heimatland gefragt werde, was ich davon mitbekomme, lautet die Antwort: Nichts. Fußball in Europa interessiert hier kein Schwein, was man ab und zu im FreeTV sehen kann ist Tennis (z.Zt. Wimbledon), Tour de France und bestimmt die Olympischen Spiele, weil – mit australischer Beteiligung. Wenn aber Rumänien gegen Holland in Stuttgart gegeneinander antreten, kratzt das hier niemanden. Natürlich gucke ich mir die Ergebnisse an und ich lese auch die Berichte zu den Spielen und den Nebengeräuschen und das, was ich bisher mitbekommen habe, ist: Wirklich gute Stimmung beim Public Viewing und in den Stadien, keine Ausschreitungen, das sportliche Niveau eher beschaulich. Offenbar, wenn man den Berichten glauben kann, stehen zudem 4 Teams im Halbfinale, von denen zumindest drei es verdient gehabt hätten, schon in der Vorrunde auszuscheiden und auch die favorisierten Spanier stehen nur aufgrund einer krassen Fehlenscheidung unter den letzten Vier, aber nicht, weil sie gegen ein erfrischend spielendes Deutschland die bessere Mannschaft waren.

Wie gesagt, ich las von guter Stimmung und freundschaftlichem Umgang miteinander, bis – ja bis ein türkischer Spieler meinte, Politik bzw. seine radikale politischen Einstellung und den Sport vermischen zu müssen und von der UEFA daraufhin vollkommen zu Recht gesperrt wurde. Und natürlich war sie unmittelbar wieder präsent, die gewohnte Opferrolle, in die sich diese Menschen immer dann automatisch begeben, wenn sie Scheiße gebaut haben und dabei erwischt wurden. Anstatt die Sperre zu akzeptieren und das Ganze im Sinne der Meisterschaft runterzukochen, musste selbstverständlich Vorzeige-Autokrat Erdogan die Situation nutzen und wie üblich den größten populistschen Schwachsinn absondern, dies gehört offenbar zu seiner DNA. Die Folge: Kontroversen überall, türkische Fans, die sich betrogen fühlen und hinter jeder Ecke eine Verschwörung wittern, dabei war es ihr Spieler, der eine Art türkisches Hakenkreuz mit dem Wolfsgruß in die Welt meinte senden zu müssen.

Ich finde dies aus zweierlei Gründe bedauerlich. Zum Einen, weil es einen ekelhaften politischen Schatten über eine bis dahin fröhliche und friedliche EM wirft und zum Zweiten, weil die durchaus bemerkenswerte Leistung des türkischen Teams inzwischen keinerlei Erwähnung mehr findet. Aber, wie gesagt, ich sehe tatsächlich nichts davon und ich muss sagen, dass es mich absolut nicht stört. Wenn ich einen meiner Nachbarn frage: „Hast du gehört, wie Frankreich gegen Belgien gespielt hat?“ kriege ich höchstwahrscheinlich zur Antwort: „Ne, aber habe ich dir schon erzählt, dass ich mir eine neue Kettensäge gekauft habe?“.  Ich freue mich auf den September, denn dann beginnt die neue NFL-Saison und die wird hier jede Woche mit zwei Live-Spielen ausgiebig zelebriert.

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