Heute, am 01.02.2024 bin ich tatsächlich exakt 2 Jahre in meiner neuen Heimat Australien, Grund genug, ein wenig darüber nachzudenken, wie sich alles entwickelt hat. Hat das, was ich fast 10 Jahre lang geplant hatte, meine Erwartungen erfüllt oder gar übertroffen? Oder war das „tägliche“ Australien dann doch nicht so, wie ich es mir nach diversen Urlaubs-Aufenthalten vorgestellt hatte? Denn natürlich hatte ich vorher von solchen Phänomenen gehört und auch ich war gewarnt worden. „Stell dir das nicht so einfach vor, ein Urlaub ist etwas ganz anderes als ein Dauerzustand“. Und natürlich ist es das, ein Urlaub ist voller Höhepunkte, oft erlebt man jeden Tag etwas Neues und ist oft an anderen Orten, doch wenn man dauerhaft im tiefsten Busch lebt, hat man halt zu 100% den Alltag, doch dieser Alltag hier ist es, den ich großartig finde. Das beginnt natürlich bei der Natur, die mit nichts zu vergleichen ist, was ich zuvor gesehen hatte und das habe ich jetzt in dem Moment, an dem ich die Haustür verlasse. Ich stehe mitten im Wald, um mich herum exotische Geräusche von Magpies, Papageien, Koalas, Eulen etc. Unabhängig davon, dass es diese Tiere größtenteils in Deutschland nicht gibt (selbst die Elstern singen hier und krächzen nicht wie ihre deutschen Vettern), ich habe sie auch direkt am Haus und das jeden Tag.
Was ich noch genial finde, weil es sich auf so wunderbare Art von meiner deutschen Heimat unterscheidet? Hier interessiert es keinen Menschen, wie ich aussehe, welche Klamotten ich tragen, ob ich mich 4 Tage nicht rasiert habe oder ob ich seit 3 Monaten nicht beim Friseur war. Im Sommer gehe ich in Thongs, also der australischen Version der Flip Flops einkaufen und nie würde irgendwer im Supermarkt auf die Idee kommen, mich komisch anzugucken, denn alle anderen tun es auch. Die Menschen sind offen, freundlich und hilfsbereit, aber ich habe eben auch die Erfahrung gemacht, dass man sich um alles selbst kümmern muss, hier wird dir nichts abgenommen. Das führt dazu, dass man gezwungenermaßen selbstständiger und unabhängiger wird. In Deutschland wäre ich beispielsweise nie auf die Idee gekommen, mir eine Kettensäge zu kaufen, hier würde ich ohne im Winter bitterlich frieren. Auch das ist ein Phänomen, welches ich bereits in einem früheren Blog beschrieben habe, die Häuser haben keine Heizung im deutschen Sinne, hier muss man im Sommer Bäume fällen und Holz hacken, ansonsten ist man gekniffen. Was eventuell einige als Belastung empfinden werden, finde ich klasse, denn diese Erfahrung erdet ungenein.
Grundsätzlich würde ich sagen, dass man sich hier mehr als Mensch und weniger als Steuernummer fühlt, das liegt auch daran, dass besonders die Land-Australier sehr viel wert auf den Zusammenhalt in ihrer Community legen und das ist absolut ehrlich gemeint.Hinzu kommt, dass es die Asylprobleme wie in Deutschland, zumindest hier auf dem Land, einfach nicht gibt. Fast jeder hat in zweiter oder dritter Generation einen Migrationshintergrund, aber hier versucht halt nicht jede ethnische Gruppe in einer Parallelgesellschaft zu leben, hier fühlen sich alle wie Australier und sie sind stolz drauf. Generell kann ich sagen, dass die ersten zwei Jahre hier meine Erwartungen deutlich übertroffen haben, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass ich meine beiden Jungs um mich habe, die mich auf Trab halten, zumindest der große Braune. Auch so eine Sache, in Deutschland halte ich es für im Grunde unverantwortlich, einen 47 kg-Hund in einer Mietwohnung zu halten und nur an der Leine spazierenzuführen, hier hat Chandu seinen eigenen Wald und den nutzt er zu meinem Entsetzen zu gern zur Wallaby-Jagd, es kommt immer wieder der Jagdhund durch. Ich habe hier also außerordentlich viele Dinge im täglichen Alltag, die ich in Deutschland nie gehabt respektive erlebt hätte und allein das war es wert.