Ich kann mich noch gut an meine erste Reise nach Australien erinnern, es war 2010. Ich kann mich auch noch gut an die ersten Eindrücke erinnern, alles war irgendwie anders als überall, wo ich vorher war. Natürlich war ich mit reichlich vielen (falschen) Vorstellungen angereist und die hatten sich auch kaum zerstreut, obwohl meine Tochter zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahr als Austausch-Schülerin in Melbourne lebte. Aber – sie lebte eben in Melbourne und Melbourne ist nicht Australien. Melbourne ist nicht einmal Victoria, obwohl von 6,6 Mio. Menschen in dem kleinesten Festland-Bundesstaat mehr als 5 Mio. in der Hauptstadt am Yarra-River leben. Ich nehme an, dass sowohl Vorstellungen, Erwartungen aber auch die Anreise auf den Kontinent dazu führen, dass man ein falsches Bild von Australien hat, denn wenn man aus Europa kommt, gelangt man eigentlich grundsätzlich über einen Zwischenstopp in Dubai, Katar etc. über die Westküste hierher und wer dann auf der linken Seite des Flugzeugs sitzt und ab und zu aus dem Fenster guckt, sieht zumeist rot. Man fliegt mehrere Stunden über das Innenland des Staates und dieses besteht nunmal aus rotem Sand und Wüste. Wahrscheinlich denkt man dann zwangsläufig, dass der Rest des Landes ebenso aussehen muss, welch ein Trugschluss.
Mein erste Reise im Jahr 2010 machte ich im australischen Winter, also im Juli/August und hier begann die erste unerwartete Erfahrung, denn in Victoria war es, besonders Nachts, schweinekalt, auch in dem Campervan, den ich gemietet hatte. Zum Glück fuhren wir Richtung Süden und so wurde es von Tag zu Tag wärmer, denn in New South Wales und besonders oben in Queensland herrschen auch im australischen Winter fast immer über 20 Grad. Eine andere Erinnerung, die sich mit den Erwartungen nicht deckte: Ich vermutete/hoffte damals, so schnell wie möglich mein erstes Känguru sehen zu können, doch das dauerte. Denn natürlich sind diese Tiere in Großstädten wie Melbourne und Sydney eher selten, aber auch auf der Fahrt dauerte es mehrere Tage, bis ich endlich ein lebendes Tier zu Gesicht bekam, tote Kängurus am Straßenrand waren dagegen eher die Regel. Heute sind weder Kängurus noch Wallabies etwas Spektakuläres, ich habe reichlich davon im eigenen Garten und inzwischen sind sie eher nervend, weil sie einem Nachts alles wegfressen. Ich möchte mir trotzdem das Gefühl erhalten, dass diese Tiere, die es nur auf diesem Kontinent gibt, besonders sind, das Gleiche gilt auch für die zahlreichen unterschiedlichen Papageien. Wenn man das erste Mal King Parrots, Galahs etc. auf seiner Terrasse sieht, ist man fasziniert, im Laufe der Zeit wird es zur Normalität und das sollte es eigentlich nicht sein.
Tatsächlich ist es so, dass Australien ein unglaublich vielfältiger und abwechslungsreicher Kontinent ist, etwas, was ihm selten zugeschrieben wird, wenn man noch nie hier war. Ich beispielsweise hatte vor meinem ersten Besuch nie davon gehört, dass die Südküste, an der ich lebe, teilweise sowohl klimatisch wie auch topographisch eher an Süd-England erinnert, nimmt man die Eukalyptus-Wälder einmal aus. Eine andere Erinnerung, die ich wohl mit den Vorstellungen vieler teile: Als ich das erste Mal hier war, habe ich immer ganz genau hingeguckt, wo ich hinfasse, wo ich hintrete, habe ständig um mich und über mich geblickt, denn in meiner Vorstellung wimmelte es hier vor lebensbedrohlichen Geschöpfen. Würde ich das heute noch so machen, würde ich wahrscheinlich den Verstand verlieren, man gewöhnt sich. Ein Beispiel: Für den nächsten Winter musste ich in den letzten Wochen Bäume fällen, Holz hacken und trocknen und das getrocknete Holz anschließend in meinen dafür vorgesehen Shed, also Schuppen stapeln. Dieser Schuppen ist aus Metall und alles andere als neu und wenn man das erste Mal die Tür öffnen, braucht man nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was dort alles drin hockt. Früher hätte ich für kein Geld der Welt dieses Ding betreten, heute ziehe ich mir eine lange Hose und Stiefel an, Mütze auf und Arbeitshandschuhe über und los geht die Arbeit. Geht ja auch gar nicht anders, es macht niemand für mich.
Was will ich damit sagen: Bereits in vorherigen Blogs habe ich erwähnt, dass sowohl über das Land selbst, aber auch über das Leben hier reichlich viele falsche Vorstellungen herrschen, aber diese falschen Vorstellungen hatte ich selbst eben auch, bevor ich das erste Mal hier war. Inzwischen kann ich sagen, dass Australien für mich der mit Abstand lebenswertes Platz ist, den ich jemals besucht bzw. bereist habe und ich habe viel gesehen auf meinen Reisen. Die Natur, die Freiheit, das Klima und auch die Menschen hier sind wirklich einzigartig und um nichts in der Welt möchte ich wieder in Deutschland leben müssen, besonders dann nicht, wenn ich sehe, dass trotz diverse Probleme und Ereignissen das Dschungelcamp die Titelseiten so gut wie sämtlicher Gazetten „schmückt“. Danke, ohne mich.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mama