Nein, nicht das Ende des Lebens, um Gottes Willen. Ich meine auf das Ende des Jahres und auf den Beginn eines neuen Jahres., genannt 2024. Zuerst einmal muss ich gestehen, dass ich mehr als dankbar dafür bin, in einem Land leben zu dürfen, in dem diese elende private Knallerei, bei der man den Eindruck hat, man lebe an der russisch-ukrainischen Grenze oder in Gaza-Stadt, strengstens untersagt ist. In Australien ist Hochsommer und auch wenn dieser Sommer bisher rein Wetter-technisch eine Riesenenttäuschung ist, weil es überproportional oft regnet und ungewöhnlich kalt ist, herrscht hier im Sommer akute Waldbrandgefahr und was das bedeutet, konnte die ganze Welt im Sommer 2019/20 miterleben. Ich werde also gefahrlos, wenn es denn nicht regnet, auf meiner Terrasse sitzen können, werde Vögel statt Böller hören und Blätter im Wind statt Raketen sehen können, was für ein Segen. In Deutschland wird es aller Wahrscheinlichkeit nach wieder zu Hunderten von schweren Verletzungen und zu Übergriffen auf Polizei und Rettungskräfte kommen und ich möchte lieber nicht näher beschreiben, was passieren würde, wenn ich etwas zu sagen hätte.
Aber was wird 2024 passieren? Wird das neue Jahr wirklich ein besseres als das alte, in dem Russen immer noch mit Raketen und Drohnen auf die ukrainische Zivilbevölkerung schießen und in dem im Nahen Osten ein kriegerischer Flächenbrand fast unausweichlich erscheint? Ich möchte nicht zu negativ klingen, aber meine Hoffnungen sind eher gering, denn 2024 wird beispielsweise in den USA wieder gewählt und auch, wenn es für mich unbegreiflich ist, liegt die Möglichkeit einer erneuten Wahl eines überführten Mehrfach-Verbrechers wie Trump durchaus im Bereich des Möglichen. Was dann über große Teile der Welt hineinbrechen wird, können sich viele immer noch nicht vorstellen, obwohl man es nach den ersten vier Trump-Jahren eigentlich wissen müsste. Was eine Wahl dieses Geistesgestörten für die Ukraine, für Israel und damit auch für große Teile das ganzen Welt bedeuten würde, ist unerträglich, aber es könnte tatsächlich dazu kommen. Nun könnte ich sagen, ich lebe weit ab vom Schuß und was in Europa, den USA oder im Nahen Osten passiert, interessiert mich nur am Rande, aber so einfach sollte man es sich nicht machen, denn durch Welthandel und Globalisierung kann man sich dem eben doch nicht entziehen.
Gibt es dennoch Hoffnung? Vielleicht. In Polen wurde eine rechtsradikale Regierung abgewählt, in Brasilien musste ein rechtspopulistischer Trump-Fan die Koffer packen, ab und an funktioniert Demokratie halt doch noch, wenn man sie lässt. Aber eben das ist aus meiner Sicht das große Problem, denn die Radikalen lernen dazu und nutzen ihre Amtszeiten aktiv, indem sie die demokratischen Strukturen aushöhlen und für ihre Zwecke untergraben. Trump hat den Supreme Court zu seinen Gunsten verändert, Orban, Erdogan und Putin manipulieren Gerichte, Medien, Informationen und verändern, selbst „demokratisch“an die Macht gekommen, die politischen Strukturen ihrer Länder hin zu Autokratien oder Monarchien. Selbst dann, wenn sie rein stimmentechnisch keine Mehrheit mehr bekommen würden, wird man sie nicht mehr los.
Ich glaube, wir alle stehen vor schweren Zeiten und rein aus egoistischen Gründen bin ich froh, dass zumindest meine Tochter und ich nicht im unmittelbaren Zentrum der Krisen leben müssen. Bedenklich hingegen empfinde ich die Tendenz, dass mittlerweile 90% der Menschen in Europa, mit denen ich in Verbindung stehe, erklären, dass sie lieber heute als morgen verschwinden würden. Als 20- oder 30-Jähriger wäre mir nie in den Sinn gekommen, meinem Heimatland den Rücken zu kehren, heute habe ich das Gefühl, naiv gewesen zu sein, aber vor 30 oder 40 Jahren war das auch noch ein anderes Land, ein anderes Europa. Man muss sich einmal die Aussichten vor Augen halten, im Jahr 2050 leben allein in Nigeria mehr Menschen als in Europa, allein in diesem einen afrikanische Land hat jede Frau durchschnittlich 5,31 Geburten. Jede Frau zwischen 18 und 80, viel Erfolg beim Rechnen. Wo sollen all diese Menschen leben, wovon sollen sie leben? Wie sollen sie ernährt werden? Im Jahr 2050 werden Rechenmodellen zufolge ca. 9,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben, als ich geboren wurde waren es 3,5 Milliarden.
Bevor es zu dunkel und ein Großteil von uns aufgrund dieser Aussichten depressiv wird, wünsche ich allen dennoch einen guten Rutsch und ein gesundes neues Jahr.