Zwei Welten

Für viele, die noch nie in Australien waren, stellen sich die Menschen, die auf diesem Kontinent leben, relativ ähnlich da. Relativ derbe Menschen, eigentlich immer mit einem Akubra auf dem Kopf, häufig Bier trinkend und sehr gerade aus. Diese Menschen gibt es auch, übrigens auch dort, wo ich lebe (selbstverständlich besitze und liebe ich meinen Akubra auch), aber es gibt eben auch die typischen Stadt-Australier und viele von ihnen waren tatsächlich weder im Outback noch im Busch, sondern treiben sich eigentlich in Melbourne, Sydney, Adelaide oder Perth herum. Diese Stadt-Australier wissen tatsächlich über das Leben auf dem Land, welches z.B. Europäer als DAS Australien empfinden, relativ wenig, wenn es auch von den großen Städten bis zur Wildnis teilweise nur wenige Kilometer sind.

 
Zwei Beispiele. Als ich noch relativ neu hier war, suchte ich in der Acland Street in St Kilda einen Friseur auf, es war höchste Zeit. Okay, zugegeben, mein Friseur hieß Nick, war US-Amerikaner und kam ursprünglich aus New York City, aber er lebte bereits einige Jahre down under, die meiste Zeit davon in Melbourne. Mit Nick unterhielt ich mich während meines Termins natürlich und er fragte mich, wo ich in Australien wohnen würde. Ich nannte ihm den „Ort“, der ihm natürlich nichts sagte, von der nahen Stadt Colac dagegen hatte er schon mal etwas gehört. Er selbst war noch nie im Busch gewesen und war einigermaßen geschockt, als ich ihm erzählte, dass es in unserer Gegend u.a. Giftschlangen gibt, denen man durchaus über den Weg laufen kann (ich hatte letzte Woche meine erste Begegnung in dieser Season mit einer Tigersnake), bei der Vorstellung schüttelte es den Ami. Igitt, wie furchtbar, Schlangen. Das wäre nichts für ihn.

 
Beispiel zwei. Als meine Möbel mit der Spedition aus Deutschland kamen, wurden sie mit zwei LKW’s (meine Einfahrt ist nicht breit genug für einen Container) geliefert, die von zwei unglaublich freundlichen indischen Jungs gefahren wurden, die sensationell gearbeitet haben. Als sie vor meinem Haus standen, fragten sie mich, was denn diese beiden runden Gebäude wären und als ich ihnen sagte, dass dies meine Wassertanks wären, machten sie große Augen, denn so etwas hatten sie noch nie gesehen, obwohl sie bereits seit mehr als 4 Jahren in Australien lebten, aber eben in Melbourne. Was für uns hier auf dem Land vollkommen normal ist, ist für städtische Australier einigermaßen spektakulär und das gilt nicht nur für Amerikaner und Inder, sondern auch für hier geboren Stadt-Australier. Für viele ist der Weg in den Busch ein großes Abenteuer, sie sind auch jedesmal wieder geschockt, wenn sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass sie hier mit ihren Audis und BMW’s auf holprigen Schotterpisten fahren müssen, weil bestenfalls die Hauptstraßen geteert sind.

 
Also – man löse sich vom Klischee des ewigen Crocodile Dundee, nicht jeder Australier trägt eine Kette mit Krokodilzähnen um den Hals und nicht jeder hat ein Messer mit einer 25 cm langen Klinge (that’s not a knife) am Mann. Ebenso, wie nicht jeder Deutsche von Morgens bis Abends eine Lederhose trägt und Schweinshaxen in Serie in sich reinstopft, ist jeder Australier ein wilder Abenteurer.

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen