Ein normaler Wintertag in den Otways

Wenn ich aufwache, ist es noch dunkel, auf jeden Fall ist das im Herbst und im Winter so. Das liegt daran, dass ich hier noch früher schlafen gehe als in Deutschland, denn ich habe nicht das Bedürfnis, mir ohne Grund die kalten Nächte um die Ohren zu schlagen. Ich wache auf und höre den Sturm. Dieser hatte sich bereis gestern angekündigt, über die App „VicEmergency“ bekommt man sehr aktuell geliefert, wenn etwas in einem selbst definierten Radius (bei mir sind es 25 km) passiert bzw. sich ankündigt. So hatte VicEmergency vor Gale Winds und Strong Winds in der Region gewarnt und das ist grundsätzlich ernstzunehmen. Da ich auf einem Grundstück mit mehreren Hundert Bäumen wohne, die bis zu 25 m hoch und auch im Winter belaubt sind, hört es sich an, als würde ein Güterzug am Haus vorbeifahren, wenn man es das erste Mal erlebt, kann es durchaus ein wenig beängstigend wirken. Also aufstehen, erst Hund, dann Katze füttern, bis ich mir selbst Frühstück mache.

 
Um 7 Uhr fällt das erste Mal der Strom auf, das merkt man dadurch, dass es auf einen Schlag stockdunkel im Haus ist, nichts geht mehr. Es dauert allerdings keine 3 Minuten, bis man sowohl eine Mail wie auch eine sms von Powercor bekommt, die bestätigt, dass in meiner Straße der Strom ausgefallen ist und man denkt, dass man das Problem innerhalb der nächsten Stunde gelöst bekommt. Meistens geht es sogar schneller, ich habe noch nie erlebt, dass der Strom für mehr als zwei Stunden weg war. Also sitzt man im Dunkeln, bis plötzlich alles wieder läuft. Nach dem Frühstück schalte ich das Internet an, welches ich ebenso wie das Fernsehen über Satellit beziehe, durch den Sturm bricht die Verbindung jedoch ständig ab, was besonders bitter ist, wenn man sich morgens etwas aus Netflix herunterladen möchte. Aber egal, so ist das hier nun mal. Spätestens ab 8 Uhr drängelt Chandu auf seinen Morgenspaziergang und der muss passieren, ob es nun stürmt oder aus Eimern regnet. Also erst einmal entscheiden, ob wir hier bei uns durch die Pinetree Plantage gehen oder ins ins Auto setzen und zu einem unserer anderen bevorzugten Wege fahren.

 
Heute also ins Auto und auf der Fahrt sieht man, was der Sturm angerichtet hat. Überall liegen runtergefallenen Äste auf den Schotterstraßen, man muss unbedingt vorsichtig fahren, denn auch umgestürzte Bäume quer über die Straße sind keine Seltenheit und hier wird man nicht vorgewarnt, von wem auch. Nachdem wir vom Spaziergang komplett durchnässt zurückkommen, fällt das zweite Mal am Tag der Strom aus, was natürlich bedeutet, man auch nicht duschen kann, weil es kein warmes Wasser gibt bzw. weil man nichts sehen kann. Also wieder warten und sich anderweitig beschäftigen. Im Verlauf des Tages fällt insgesamt viermal der Strom für jeweils ca. eine halbes Stunde aus, manchmal kann man durch eine Meldung auf VicEmergency (tree down) erahnen, woran es liegt.

 
Für viele Menschen in Deutschland, die noch nie einen Stromausfall erlebt haben, die ausschließlich asphaltierte Straßen und Radwege kennen und bei denen das Internet via Glasfaser geliefert wird, mag das alles befremdlich wirken, wie auch der Umstand, dass man im Sommer und Herbst Feuerholz schlagen, kleinhacken und lagern muss, weil man ansonsten im Winter friert und wer will das schon. Für hat all dies genau dieses Ursprüngliche, welches ich gesucht habe. Eben nicht alles auf dem Präsentierteller geliefert zu bekommen, sondern sich selbst kümmern müssen. Mitdenken, aktiv werden, sonst hat man Probleme, weil eben niemand da ist, dem man die Schuld geben kann. Auch das ist ein Stück weit sehr australisch.

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen